Lektorenrundbrief Nr. 4 (April 1998)


 

Inhaltsverzeichnis 


 Editorial

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 

  wie Sie sehen/Ihr seht, hat der neue Lektorenrundbrief dieses Mal nicht so lange auf sich warten lassen. Wir sind bei der Suche nach Artikeln für diese Ausgabe auf eine so breite Resonanz gestoßen, dass die Beiträge schnell beisammen waren. An dieser Stelle ein großer Dank an die Autoren! Und ein kleiner Hinweis auf unsere Rubrik Leserbriefe, die leider noch ein recht stiefmütterliches Dasein fristet. Meinungen und Beiträge aller Art sind herzlich willkommen. 

  Da in Japan schon der April und nicht erst der Mai alles neu macht, wird er uns auch dieses Jahr wieder einige neue Kollegen und Kolleginnen gebracht haben, die wir hiermit herzlich begrüßen möchten. Für sie mag besonders der Artikel von Peter Harant zu Inter Nationes als Medienquelle nützliche Informationen enthalten. Sehr interessant auch die Beiträge von Elisabeth Neurohr zu Liedern bzw. Dialogkarten im Unterricht. Eher zum privaten Vergnügen Robert Wittkamps Mordsbuchrezension, Ursula Richters "Moderne Zeiten", eine deutsch-japanische Begegnung auf dem Flughafen, und das beschwipste Huhn von Martina Gunske von Koelln. Die in der letzten Ausgabe angekündigte Selbstvorstellung von Sylvia Löhken müssen wir aus Zeitgründen leider auf die nächste Ausgabe verschieben, in der wir wahrscheinlich auch die geplante "Korea-Rubrik" starten werden. 

  Mit der Zusammenstellung der nunmehr vierten Ausgabe des Lektorenrundbriefs hat sich auch die Arbeit in der Redaktion etwas eingespielt, obwohl die Redaktionsmitglieder wieder gewechselt haben. Elisabeth Neurohr aus Matsuyama ist nach Deutschland zurückgegangen. Für sie suchen wir noch eine(n) Nachfolger(in) als Ansprechpartner(in) für die Lektoren und Lektorinnen auf Shikoku. Sigrid Holzer ist ebenfalls in Deutschland, und wir begrüßen Annedore Hänel in Sapporo als Nachfolgerin. Alle Kollegen und Kolleginnen aus Hokkaido richten ihre Fragen und Beiträge bitte an sie (Tel./Fax: 011-758-7945). Das Layout hat diesmal freundlicherweise Frank Mielke übernommen. Da er lediglich über die japanische Version von Windows verfügt, entstanden erhebliche drucktechnische Probleme mit den Trennungen und Wortzwischenräumen. Aus diesem Grunde wurde ein Zweispaltendruck gewählt. Er möchte an dieser Stelle um Nachsicht bitten, dass es wegen nicht vorgenommener Trennungen hier und da zu ! 

störenden größeren Wortzwischenräumen kommt. 

  Abschließend gleich wieder der Aufruf an alle, von beiliegendem Formblatt regen Gebrauch zu machen und uns Themen und Artikel für die nächste Ausgabe zu schicken. Sie können/Ihr könnt damit unser Vorhaben unterstützen, den Rundbrief auch weiterhin in schnellerer Folge erscheinen zu lassen. 

Herzlichst 
Die Redaktion 


 Inter Nationes. Eine Medienquelle für Deutsch als Fremdsprache 

 Wer klagt nicht manchmal über fehlendes Material, um den Deutschunterricht attraktiver und interessanter zu gestalten. Inter Nationes in Bonn bietet didaktisierte DaF-Medien für das Regal und auf dem Internet an und ist somit eine Bereicherung für jede Materialiensammlung. Da der Katalog von Inter Nationes recht umfangreich ist, einige Titel etwas veraltet sind und der Besteller zu maßvoller Auswahl angehalten ist, möchte ich zuerst einige Materialien vorstellen, mit denen ich in der Vergangenheit an verschiedenen Einrichtungen in Kenya, Frankreich und nun in Japan gearbeitet habe. Allgemeine Informationen zu Inter Nationes und den Bestellmodus finden Sie am Ende des Artikels. 

  Für den Anfängerunterricht kommen zwei Werke in Frage. Der als Radiokurs aufgemachte Deutschkurs Deutsch - warum nicht? mit einer Begleitkassette führt den Lerner in Band 1 durch unterhaltsame Geschehnisse in einem Hotel. Die Dialoge werden durch eine Geisterstimme aufgelockert, was dem Verständnis aber nicht zuträglich und eher störend ist. Natürlich ist dieses Buch nicht kurstragend, aber als begleitende Materialsammlung bietet es Hörverständnisaufgaben sowie Grammatikübungen mit japanischen Erklärungen und eine Übersetzung der Dialoge und aller Vokabeln ins Japanische. Als zweites Werk wäre noch Deutsch einfach 1 zu berücksichtigen, das ebenfalls eine Begleitkassette beinhaltet. Die Wörterliste ist alphabetisch geordnet, allerdings ohne fremdsprachliches Glossar. 

  Zur Verbesserung des Hörverstehens eignen sich Atmosphärische Hörszenen für Anfänger, die mit Arbeitsbuch, Transkriptionstexten und zwei Kassetten vorliegen. Das Niveau geht allerdings sehr schnell über das Vermögen meiner Studenten im ersten Jahr hinaus. Für Phonetikenthusiasten bietet Ausspracheschulung Deutsch eine solide Grundausstattung mit Kassetten, Folien und einem Arbeitsbuch mit Lehrerhinweisen. 

  Wer gern etwas poetischer schaffen möchte oder Literaturunterricht geben darf, findet in Mit der Zeit zahlreiche Gedichte in ihren Epochen, ausgewählt für den Unterricht Deutsch als Fremdsprache, wie der Untertitel erläutert. Das Niveau ist allerdings von einigen Ausnahmen abgesehen sehr anspruchsvoll. Ertragreicher ist der Band Anspiel, der konkrete Poesie in amüsanter Form präsentiert. Beide Gedichtsammlugen haben als Begleitmaterial ausgewählte Gedichte auf Kassette und Folie. 

  Das Hauptgewicht der von  Inter Nationes gelieferten Materialen liegt zweifelsohne auf der Landeskunde. Die Folienordner Transparente Landeskunde und Übersichten, Die Bundesrepublik Deutschland und ihre Länder bieten schnellen und attraktiven Zugang zu landeskundlichen Themen, die bereits im Anfängerunterricht gewinnbringend behandelt werden können. Inhaltlich gleich gewichtet, aber wesentlich umfangreicher ist der Landeskunde PC, der auf drei komprimierten Disketten jede Menge brauchbarer Informationen und Darstellungen anbietet. 

  Auf wesentlich höherem Niveau liegt der Materialordner Von Aachen bis Zwickau, der Jugendliche aus verschiedenen Gegenden Deutschlands zu Wort kommen l $Bd_ (Bt. Neuerdings existiert eine gleichlautende, aber abweichende Version auf CD-ROM als interaktives, multimediales Sprachlernprogramm. Für Computerfreaks und solche, die es immer noch nicht sind, eine interessante Variante. Das Programm ist als einsprachiges Selbstlernprogramm inklusive Videosequenzen, Interviews und Ergebniskontrolle konzipiert und leicht zu handhaben. 

  Landeskundematerialien für Fortgeschrittene gibt es leider mehr als Fortgeschrittene in meinem Studentenkreis. Die attraktiven, didaktisierten Infobände Deutschland in Europa, Europa in Deutschland und Umwelt und Gesellschaft, Teil 1 und 2 stehen deshalb sehr zu meinem Bedauern recht ungenutzt in meinem Bücherregal. Ich schaue aber ab und zu rein, um mich selbst zu informieren. 

Inter Nationes bietet außerdem einen neuen Service auf dem Internet unter der Adresse <http://www.inter-nationes.de/d/schulen/laku/landkuninfo.html an, den IN-Service mit aktuellen landeskundlichen Informationen über Deutschland, der Hilfestellung für den Unterricht durch didaktisierte Materialien gibt. Es handelt sich um neuere Zeitungstexte, landeskundliche Hintergründe, Vokabellisten, Übungen, Lösungen. Jeder Text ist als HTML-Dokument (für die Online-Arbeit) und als Word 6.0-Dokument aufbereitet. Dieses können Sie auf Ihre Festplatte herunterladen und wie ein Textdokument weiter bearbeiten. Nur - wie so oft - sind diese Materialien für Anfänger zu anspruchsvoll. 

  Am besten probieren Sie es einfach einmal aus und machen Ihre eigenen Erfahrungen. 

  Wem Inter Nationes noch unbekannt ist, der findet auf der Homepage http://www.inter-nationes.de/d/ueber_inter_nationes.html und diversen Eigenpublikationen folgende Informationen: 

  Inter Nationes ist eine Mittlerorganisation für die kulturelle, gesellschaftliche und politische Kommunikation Deutschlands mit dem Ausland im Medienbereich. Ziel ist es, weltweit möglichst objektiv, realitätsnah und vielfältig über Deutschland zu informieren. So soll das Verständnis für die Entwicklungen in Deutschland vertieft und ein Anreiz zum Dialog gegeben werden. 

Das Programmangebot von INTER NATIONES wendet sich an Institutionen und deren Lehrer im Ausland, die Materialien für den DaF-Unterricht sowie landeskundliche Materialien über die Bundesrepublik Deutschland beziehen möchten. Für die kostenlose Zusendung von Materialien kommen u.a. folgende Personenkreise in Frage: 

* DAAD-Lektoren (besondere Bedingungen) 
* Schulen, Hochschulen, Universitäten, Colleges, Lehrerfortbildungsinstitute und alle Einrichtungen, die Deutsch als Fremdsprache lehren 

Das Programm gilt nicht für Privatpersonen und Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland. Nur mit dem Bestellformular des Programmkatalogs und über die Institutsadresse können Materialien angefordert werden. 

  Was man erhalten kann, sind, wie bereits teilweise erwähnt, landeskundliche Materialien, Übungsprogramme und Literatur für Erwachsene, Jugendliche und Kinder, daneben aber auch Videomagazine, Computerprogramme, Landkarten, Poster, Folien und Interviews auf Hörkassetten. Alle Materialien enthalten didaktische Hinweise für den Lehrer. Teil des Programms sind auch der etwas in die Jahre gekommene landeskundliche Fernsehsprachkurs "Alles Gute" und der Kurs "Infos aus Deutschland", der mir persönlich noch nicht bekannt ist. Der Programmkatalog 1997/1998 kann angefordert werden bei: 

INTER NATIONES 

Bereich Bildungsmedien und Film / B11 
Kennedyallee 91-103 
D- 53175 Bonn 

e-Mail: [email protected] 

Peter Harant  Ehime University im Februar 1998
 


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 Man nehme ...

Außergewöhnlich: Beschwipstes Huhn (Rezept aus dem Ruhrgebiet) 

Das folgende Rezept ist ganz einfach zuzubereiten, obgleich es meines Erachtens einen raffinierten Geschmack offeriert. 

Man nehme 

1 Suppenhuhn, teile es in 4 - 8 Teile, wasche es gründlich und trockne es ab. Danach reibe man es mit Salz ein. Dann zieht man 1 - 2 Zwiebeln ab und schneidet sie in kleine Würfelchen, zerlasse etwas Butter in einer Pfanne und gibt die Zwiebeln dazu. Bei mittlerer Hitze schmort man sie, bis sie glasig sind. Parallel dazu brät man alle Hühnchenteile z.B. in Öl scharf an. Danach werden sie zu den Zwiebeln gegeben, mit 400 - 600 ml Bier (möglichst Pils) abgelöscht und mit Pfeffer, Muskat und einem halben Lorbeerblatt gewürzt. Das ganze lässt man eine gute halbe Stunde bei mittlerer Hitze köcheln. Zum Schluss wird die Flüssigkeit abgesiebt. Für die Soße gibt man 1 Essl. Butter in einen Topf und zerlässt sie (aufpassen, dass die Butter nicht braun wird!), dazu kommen 2  Essl. Mehl, die mit einem Schneebesen mit der Butter vermischt werden. Das ganze mit der Flüssigkeit ablöschen und kräftig rühren, bis keine Klümpchen mehr festzustellen sind. Man füge 2 Eigelb und Sahne (Menge nach! 

 Geschmack, je weniger Sahne desto kräftiger der Biergeschmack) hinzu. 

Fertig! 

Dazu passt gut Reis und ein leichter Blattsalat. 

Guten Appetit! 

Martina Gunske von Kölln 
 


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 Didaktikecke 1

Dialogübungen 

  Wer hat nicht seine/ihre Schwierigkeiten, die von manchen Universitäten vorgegebenen deutschen, gar so kommunikativen und interaktiven Lehrwerke (Themen, Deutsch aktiv) in den ersten Unterrichtsstunden entsprechend einzusetzen. Die Dialogpräsentation in diesen Lehrwerken verwirrt bekanntermaßen besonders japanische Erstsemester, die ja bislang mit solchen Lehrmaterialien und kommunikativem Unterricht kaum Berührung hatten und nun plötzlich frei sprechen sollen. Daher bin ich ganz davon abgegangen, in den ersten Unterrichtswochen mit diesen Lehrmaterialien zu arbeiten. Die Studierenden erhalten dafür ab der ersten Stunde vorgegebene Dialogteile auf Arbeitsblättern. In den ersten zwei bis drei Wochen wird ausschließlich die "Sie"- Form geübt. 

Das beginnt mit einfachsten Mini-Dialogen wie: 

I. 

A: Guten Tag! Mein Name ist .... . Wie heißen Sie? 
B: Ich heiße .... . Guten Tag. 

II. 

A: Guten Morgen! Wie geht es Ihnen? 
B: Danke, gut. Und Ihnen? 
A: Es geht. 

Die Dialogteile sind anfangs kurz, werden allmählich länger, sind auch miteinander verknüpfbar. Die Dialoge, die zunächst mit der "Sie"-Anrede geübt wurden, werden später auf "du" übertragen. 

  In Klassen bis zu 20 Studierenden müssen alle Teilnehmenden ihren Dialog mit jedem und jeder anderen in der Gruppe - das heißt 19mal - sprechen. Ab dem zehnten Kurzdialog sollten die Sätze auswendig gesprochen werden. Gestik (Handschlag bei der Begrüßung) und Mimik gehören ab der ersten Stunde dazu. Größere Gruppen bis zu 40 kann man in Einzelgruppen unterteilen, innerhalb derer dann eine bestimmte Anzahl von Dialogen gesprochen wird. Das ist weniger stupide und monoton, als es klingt. Entsprechend häufige Wiederholungen einzelner Sätze sind nötig, um einen Dialog in einer neuen Sprache in den Griff bzw. in Mund und Kopf zu bekommen. Derartige Aktivitäten, nicht unbedingt in jeder Stunde, doch regelmäßig, machen den Studierenden zudem großen Spaß. Mit Feuereifer wird gezählt, wieviele PartnerInnen bereits (in der neuen Sprache!) angesprochen wurden und nach neuen gesucht. In den ersten Stunden lernt man so die Mitlernenden rasch kennen. Ein Blatt in der Hand mit zunächst mehr dann weniger erlaubtem Einblick gibt anfangs die nötige Sicherheit. Ein Grundstock an Formulierungen wird rasch angelegt und erweitert. Beim Ausbau der Dialogmodelle werden bereits gelernte Satzmuster beständig wiederholt. Die Studenten überwinden ihre Scheu zu sprechen, sie sehen das Ganze als Spiel. 

Aufbauend auf ihrer Dialogbasis lernen die Studierenden allmählich frei zu sprechen, wenn nach den ersten Wochen, Dialogteile umgeordnet und verändert werden. Die Partner sollen dann auch frei auf bereits gelernte Dialogteile zurückgreifen.Ein spontanes Reagieren auf von Partnern unvermutet gestellte Fragen fällt bald leicht. 

  Das Getummel, das bei solchen Übungen entsteht, mag den Lehrenden nur begrenzt Korrektur- und Eingriffsmöglichkeiten bieten. Wichtiger erscheint mir aber, daß die Studierenden in solchen Dialogphasen im Schutz des vielstimmigen und bewegungsreichen Getriebes ganz hemmungslos drauflos sprechen und Spaß haben.  Elisabeth Neurohr
 


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 Didaktikecke 2

... Und wieder mal ein Lied! 

  Lieder im Fremdsprachenunterricht? - Ein altes Thema: Schon die alten Römer memorierten griechische Verse singend, lateinische Merklieder entwickelten sich im Mittelalter oft zu Gassenhauern. Auch zu Goethes Zeiten waren Lieder im Unterricht populär: Goethe zeichnet im Wilhelm Meister eine "Pädagogische Provinz", wo Gesang "die erste Stufe der Bildung" ist. Modell dafür stand eine renommierte reformpädagogische Schule seiner Zeit. 

  Aber im DaF-Unterricht? Und in Japan? Eine Umfrage Anfang der 90er Jahre in Deutschland ergab noch, daß die DaFler nicht so sangesfreudig sind, ganz im Gegensatz zu ihren Lernern. Das mag sich in den letzten Jahren geändert haben. Eine bunte Reihe von speziell für den DaF-Unterricht konzipierten Materialien erleichtert die Verwendung von Liedern, so daß nicht nur der im Unterricht Lieder vorstellen kann, dem Gesang gegeben ist. Im Karaoke-freudigen Japan haben Lieder geradezu ideale Bedingungen. Lieder aller Arten kommen hier nach meinen Erfahrungen gut an. Wo nur ein Jahr Deutsch gelernt wird, sind oft Liedtexte das einzige, was vom Deutschen bleibt - also erheblich mehr als das im allgemeinen ausschließlich behaltene "Guten Tag!". 

  Für den Anfängerunterricht sei - auch wenn sie hinlänglich bekannt sein dürfte - nochmals nach-drücklich die Kleine Deutschmusik von Uwe Kind (vgl. Literaturhinweise) empfohlen. Wichtige Redewendungen werden hier zum Vergnügen der Studierenden auf eingängige Melodien präsentiert - und rasch behalten. Dabei lassen sich die Illustrationen des Buchs auch für anschließende weiterführende Dialogübungen verwenden. Bereits in der ersten Stunde können ganze deutsche Sätze mit einem Lied wie "Ich bin Ausländer" leicht über die Lippen kommen. Redemittel für den Unterricht - "bitte langsam", "Ich verstehe nicht" - werden im Liedtext geübt. 

Die jüngste Kind-Produktion, das sprachlich etwas anspruchsvollere Deutschvergnügen, bringt alltägliche Gesprächssituationen mit reichlich brauchbaren umgangs- und zum Teil jugendsprachlichen Wendungen. Das Besondere: Die Cassette bietet jeweils verschiedene musikalische Versionen der Texte: eine gemäßigt swingende, eine rappende und eine Instrumentalversion zum Mitsingen. Wieder enthält das Buch ein- und weiterführende Übungen sowie Bildmaterial. Auf der IDT in Amsterdam im letzten Sommer, gab Kind eine Demonstration, wie die Arbeit mit den Liedern aussehen soll: Die Lernenden sollten nicht sitzend und ins Liederblatt starrend vor sich hin brummeln, sondern stehend alles Gesungene gestisch bzw. mimisch illustrieren. Die gestischen Untermalungen verbessern den mnemotechnischen Effekt und machen zudem eine Menge Spaß. Auch die japanischen Studierenden, selbst in größeren Klassen, machen da mit Staunen und Vergnügen mit. Zugegeben: Zunächst ist es an den Lehrenden, sich eine  "Choreographie" auszudenken und anzueignen. 

  Das nicht mehr ganz frische Mit Liedern lernen präsentiert schlagermäßig, dadurch aber eingängig, nach grammatischen Schwerpunkten Texte, dazu Anregungen für den Unterricht. Das "Lied vom Suchen" übt etwa Präpositionen in unterhaltsamer Weise. Nur wenige Lieder finden sich allerdings in einer Instrumentalversion auf Cassette. 

  Lieder - von Rock über Liedermacher bis Klassik -, an denen mit Fortgeschritteneren vor allem inhaltlich gearbeitet werden kann, bieten Heute hier, morgen dort und der ältere Band Mein Gespräch, meine Lieder, gesammelt und didaktisiert von einer Arbeitsgruppe des Goethe-Instituts. Die subjektiven Reaktionen der Lernenden auf Musik und Text sollen hier versprachlicht werden. Auch landeskundlich relevante Themen (jüngere deutsche Geschichte, Umweltschutz, Konsumverhalten u.a.) finden sich in Fülle. An weiteren Goethe-Materialien wäre Gefühl + Härte zu nennen, Didaktisierungen zu Rockliedern mit einer Video-Cassette, die man beim Goethe-Institut in Tokyo ausleihen kann. Demnächst wird eine Fernstudieneinheit vom Goethe-Institut, Lieder und Rock im Deutschunterricht, mit Cassette erscheinen. 

  Übrigens sind viele deutsche Volkslieder japanischen Lernern bestens bekannt. Der Musikunterricht an japanischen Schulen orientiert sich noch immer an der westlichen Musikpädagogik und läßt die Schülerinnen unter anderem den "Lindenbaum" und die "Loreley" auf japanische Texte lernen. Die Überraschung, daß es sich dabei nicht um japanische Lieder handelt, ist dann bei einer Wiederbegegnung im Deutschunterricht oft groß. Eine Auswahl bekannter Volkslieder bringt die Liederreise von Oss Kröher, in akzeptabler Version sind die jeweils ersten Strophen aller 77 Lieder auf Kassette gesungen. Weniger akzeptabel dagegen sind die beiden Videos Mit deutschen Volksliedern durch das Jahr, angeboten vom Verlag für Deutsch. Man sieht da deutsche Landschaften, Szenen vom Lande, dazu singen Opernsänger Volkslieder - das trifft nicht unbedingt den Geschmack junger Leute. 

  Wer sich in die Thematik einlesen und weitere Anregungen bekommen möchte, dem sei ein schmaler Band ans Herz gelegt: Bildende Kunst und Musik im Fremdsprachenunterricht, herausgegeben von Gabriele Blell und Karlheinz Hellwig. Die Herausgeber und ihre Mitautoren beschäftigen sich darin unter dem Leitmotiv "prozeßorientierte Mediendidaktik" mit Möglichkeiten Lieder und Kunst in Fremdsprachenunterricht zu verwenden. Dabei wird in Theorie und Praxis die Frage gestellt, wie die Künste, auch in ihrer Gegenüberstellung, bei den Lernenden Sprachverarbeitungs- und Sprachproduktionsprozesse anregen können, die dann in Sprachhandeln münden. Besonders interessant erscheint mir der Artikel von Gabriele Blell, die Prozesse des "imagining/metaphorizing" in der Begegnung mit den Künsten beschreibt. In ihrem Beitrag auf der IDT stellte Blell die Arbeit mit "soundscapes" im Unterricht vor: Hörbilder, die Landschaften, Städte, ganze Länder in Klängen, Geräuschen, Musikfetzen charakterisieren u! 

nd die für den Unterricht reiches, phantasiebeflügelndes, auch landeskundlich relevantes Material liefern. Sie können im Unterricht mit visuellem Material kontrastiert werden. Auch zum Einsatz von Bildern finden sich im angeführten Band informationsreiche, anregende Artikel. Da wir damit aber ein weiteres weites Feld betreten, möchte ich es für heute bei meinen Anmerkungen zur musikalischen Unterrichtsgestaltung bewenden lassen. 

  Im Beitrag von Peter Harant in dieser Ausgabe finden sich Informationen zu InterNationes-Materialien mit Liedern. 

Literatur: 

  • Blell, Gabriele/Hellwig, Karlheinz (Hrsg.): Bildende Kunst und Musik im Fremdsprachenunterricht. Frankfurt/M., Berlin: Lang, 1996 (Fremdsprachendidaktik inhalts- und lernorientiert 1). - (3-631-50056-4) 49DM. 
  • Deutschvergnügen. Deutschlernen mit Rap und Liedern. Von U. Kind. Langenscheidt. Lieder- und Übungsbuch (3-468-49557-9) 29,80DM; 2 Audiocassetten (3-468-49558-7) 36 DM. 
  • Eine kleine Deutschmusik. Von U. Kind. Langenscheidt. Lieder- und Übungsbuch (3-468-96790-X) 18,80 DM; Cassette (3-468-96791-8) 23,80 DM. 
  • Heute hier, morgen dort. Lieder, Chansons und Rockmusik im Deutschunterricht, Langenscheidt, Textbuch (3-468-49848-9) 39,80 DM; Cassette (3-468-84519-7) 26 DM. 
  • Liederreise. 77 deutsche Lieder. Hg. O. Kröher. Liederbuch (3-12-555200-1) ca. 20 DM, Cassette (3-12-555-270-2) ca. 30 DM. 
  • Mein Gespräch - meine Lieder. Liedermacher im Deutschunterricht, Langenscheidt. Textbuch (3-468-49847-0) 39,80 DM; Cassette (3-468-84518-9) 26 DM. 
  • Mit deutschen Volksliedern durch das Jahr. Verlag für Deutsch. Teil 1: Frühling und Sommer. Videocassette (Best.-Nr. 705-8); Teil 2: Herbst und Winter, Videocassette (Best.-Nr.706-6). Je ca. 60 DM. 
  • Mit Liedern lernen. Von D. Wagner und P. Zeigler. Verlag für Deutsch. Liederbuch (Best.-Nr. 660-4) 19,80 DM, Cassette (Best.-Nr. 661-2), ca. 30 DM. 

Elisabeth Neurohr 
 


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 Moderne Zeiten

In der Wartehalle der Japan Airlines in Osaka, Gate 15, habe ich mir einen Becher Kaffee gekauft. Der Mann mit der Meckifrisur stand an einem Stehtischchen, allein. Zwei jüngere Japaner hielten sich in respektvoller Distanz hinter ihm. Wie sich später herausstellte, begleiteten sie ihn. 

Natürlich hatte ich ihn erkannt. Er ist bei einer dieser täglichen komödienhaften Fernsehshows immer dabei. Als Ausländerin konnte ich so tun, als kenne ich ihn nicht. Niemand erwartet, dass ich die japanischen Fernsehshows kenne. Also stelle ich mich mit meinem heißen Kaffee im Pappbecher an sein Tischchen, er nickte freundlich. 

  Zuerst wollte ich eine Bemerkung machen über meine Beobachtung, dass Japaner unglaublich heiße Getränke oder Suppen schlürfen können. Dann fiel mir aber doch etwas Besseres ein: Er hatte einen wunderschönen, alten japanischen Lackschirm dabei, den ich bewundern und gleichzeitig die Frage stellen konnte, ob er denn mit Regen rechnen würde. 

Ja, heute wird ein Regentag, meinte er, sind Sie Amerikanerin? 

Nein, Deutsche, antwortete ich. 

Wir plauderten über das Verschwinden alter Traditionen in Japan und darüber, dass er jetzt nach Miyazaki fliegen wird, der Schirm sei ein Geschenk, innen - er öffnete ihn zum Beweis - habe er verschiedene changierende Farben. Ein wirklich erlesenes Stück. 

Ich komme gerade aus Miyazaki, sagte ich, bleiben Sie länger dort? 

Nein, heute geht's wieder zurück. I'm going there on business. 

Me, too, sagte ich, I'm going to Munich on business. 

Der Flugaufruf nach Miyazaki ertönt, ein kurzes Nicken zu den beiden Begleitern und sie folgen ihm sofort. 

Have a nice trip! 

Thank you! You, too. Und einen schönen Tag in Miyazaki! 

Kaum sind die drei Männer verschwunden, werde ich von zwei Männern vom Nebentisch angesprochen. 

Kennen Sie ihn? wollen sie wissen. 

Nein, sage ich, warum? 

Er ist sehr berühmt in Japan. 

Ah so, sage ich, er ist ein wirklich netter Mann. 

Die Männer am Nebentisch lachen laut. Sie kommen an meinen Tisch. Der eine Mann erzählt nun, dass dieser berühmte Mann immer traditionelle japanische Kleidung trägt. 
Könnte stimmen, denke ich, er trug einen braunen, langen Tuchmantel. 

An dieser Kleidung, sagt der Mann, könne man ihn erkennen und an seiner Meckifrisur, "his trademark", lacht er. 

Zwischen Verlegenheit und Neugier versuchen die Männer, meinem direkten Blick auszuweichen. Schließlich fragen sie doch, wohin ich fliege, was ich tue, dann worüber ich geschrieben habe. 

Frauenthemen, aha. "Okusan" nannten wir früher unsere Frauen, sagt der eine Mann. Heute nennt man sie "sotosan", die "außer-Haus-Frauen", sagt er, sie haben so viel anderes zu tun. 

Und das einsetzende Gelächter der Männer erinnerte mich an die weinerliche Anklage kleiner Jungen. 
 

Ursula Richter 
 


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 Rezension

Das Mordsbuch. Alles über Krimis. Herausgegeben von Nina Schindler. Claassen, Hildesheim, 1997. ISBN: 3-546-00122-2 

  In Japan boomt der Krimi. Das Land wird seit einigen Jahren von einer riesigen Welle überrollt; es ist die "Dritte", wie man in Fachkreisen zu sagen pflegt. Aber auch in Deutschland floriert die Szene. Auf den Krimi-Bühnen der tiefen Hinterlande (z.B. "Eifel-Krimi") bis hinein in unsere Metropolen ("Köln-Krimi" oder "Berlin-Krimi") tummeln sich die schrillsten Charaktere, aber auch berühmte Detektive und Kommissare aus den Nachbarländern haben schon längst unsere Herzen erobert: Pepe Carvalho aus Barcelona oder Grijpstra und de Gier aus Amsterdam dürften keinem Krimifan unbekannt sein. 

  Was tun aber, wenn man sich einen Überblick vor allem über die neuere Szene der 80er und 90er Jahre verschaffen will? Die Antwort bietet uns Nina Schindlers "Mordsbuch". In 14 Kapiteln erfahren wir von Geschichte, dem internationalen Markt, dem Krimi in Film und Comic, dem Frauenkrimi, dem Schwulen- und Lesbenkrimi und noch vieles mehr. Garniert ist das Buch mit Bilderrätseln für werdende Detektive, Krimibaukästen (wohl für den, der bestrebt ist, die Tiefen der Strukturen zu durchschauen) Fotos, Zeichnungen, Register, Adressen von Krimibuchhandlungen und noch viele kleine Leckerbissen mehr. 

  Ein wenig stiefmütterlich behandelt wurde der deutsche Krimi. Hier findet man zwar Spezielles (z.B. zum Krimi der alten DDR), aber eine überblickverschaffende Darstellung steht noch aus. So fehlen auch viele Namen, wie z.B. der von Jacques Berndorf ("Eifel-Krimi"). Vollkommen ignoriert wurde die japanische Krimiszene. Das wiederum ist schon nahezu unverzeihlich. Der Rezensent jedenfalls war empört! 

  Alles über Krimis erfahren wir also leider auch bei Nina Schindler nicht - aber ehrlich gesagt, das dürfte ja wohl auch kaum in einem Buch möglich sein. Dem Krimifan, der nach mehr Wissen über seine heimliche Lieblingslektüre dürstet und dessen Durst auch nicht mehr durch die "Standard-Sekundärliteratur" der 70er Jahre (damals, als man noch wissenschaftlich über dieses Thema arbeiten durfte) gestillt werden kann, sei dieses Buch wärmstens empfohlen. 

Robert F. Wittkamp 
 


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 Euglena Golm's Rätselecke 

Literarisches Rätsel

Stellen Sie Zusammenhänge her! 

Johann Wolfgang von Goethe 
Thomas Mann 

Faust und Helena 
Nepomuk Schneidenwein 

Euphorion 
Michael Mann und Gret Moser 

Lord Byron 
Fridolin Mann 

Auflösung des Rätsels aus dem Rundbrief Nr.1: 
Gretchen 
 


 Termine, Termine !

Am 17.4.98 veranstaltet der DAAD wieder ein Einführungsseminar für neueingereiste Lektorinnen und Lektoren im DAAD-Büro Tokyo. Die Zeit ist zwar inzwischen etwas knapp, aber wenn Sie neue Kollegen treffen sollten, bitten Sie sie, sich auf alle Fälle mit dem DAAD in Verbindung zu setzen. Dies ist auch deshalb wichtig, weil die 'Neuen' möglichst schnell in die Lektorenliste aufgenommen werden und regelmäßig Post (u.a. diesen Lektorenrundbrief!) erhalten sollen. 

Terminübersicht für dieses Jahr 
 

  • 17.4.98 Einführungsseminar für neueingereiste Lektorinnen und Lektoren im DAAD-Büro Tokyo. 
  • 31.5.98 Deadline des 'Call for Papers' der Association of International Applied Linguistics (AILA) für die Jahrestagung im August 1999 in Tokyo (Näheres unter http://www.langue.hyper.chubu.ac.jp/jacet/AILA99
  • 5.6.98 Großes Lektorentreffen an der Chuo-Universität in Hachioji 
  • 6./7.6.98 Frühjahrstagung des japanischen Germanistenverbandes an der Chuo-Universität in Hachioji 
  • 28.-31.8.98 Linguistenseminar im Kansai-Seminarhaus in Kyoto mit Prof. Ehlich aus München (es wird um ein pragmatisches Thema gehen) 
  • 17.-18.10.98 Herbsttagung des japanischen Germanistenverbandes an der Kaiseigakuin Daigaku (Nishinomiiya, in der Nähe von Kobe) 
  • 11.-12.11.98 Auswahl der DAAD-Jahresstipendiaten für 1999/2000 
  • 21.-23.11.98 Jahrestagung der Japanese Association for Language Teaching (JALT) in Omiya (Information unter http://www.langue.hyper.chubu.ac.jp/jalt
  • 8.12.98 Weihnachtsfeier des DAAD 

Nicht zuletzt noch eine wichtige Information: Die Lektorenhomepage ist in den Norden umgezogen. Die neue Adresse lautet: 
http:/160.29.11.14/~oubei/mandel/lektoren/index.htm 

Bitte schicken Sie Neuigkeiten, Änderungen oder Termine an Michael Mandelartz

Sylvia Löhken 
 


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Kommentare und Beiträge für Nr. 5 bitte an Anne Gellert