Lektorenrundbrief Nr. 13 (Dezember 2000)


Inhaltsverzeichnis


Editorial

Liebe Mitlektorinnen und -lektoren in Japan!

Drei Monate sind ins Land Zipango gegangen und schon halten Sie den Jahresausklangsrundbrief in den Händen. Auf dieses Mal acht Seiten und einem Faltblatt bieten wir Ihnen verschiedene interkulturelle Impressionen, unter-richtspraktische Tipps, eine Rezension, Personalien, Termine und als neue Rubrik ein Archiv.
Zunächst befasst sich Anne Gellert mit traumatischen Kinoerlebnissen in Tokyo ("Die einzige, die lacht"). Auch bei Thomas Schwarz´ Brief aus Südkorea geht es um cineastische Erlebnisse ("Eyes Wide Shut"). Im Archiv, gesammelt von Till Weber, bringen wir die Angaben zu von Ihnen verfassten Aufsätzen neuerer Produktion. Es ist ein bunter Strauß zusammengekommen!
Suchen Sie noch ein geeignetes o-miyage, welches Sie germanistischen sempai vom nächsten Besuch aus Doitsu mitbringen können? Dann schauen Sie doch einmal in Stefan Hugs Rezension zu "Vom Volke der Deutschen. Eine heillose Legende" hinein. So ein Buch wiegt garantiert weniger als zwei Flaschen Wein, ein Kilo Schokolade oder ein Sixpack Bier!
Im Anschluss daran zeigt Ihnen Anne Gellert einen Weg, Studenten erfolgreich neue Vokabeln einzuflößen. Neben dem beiliegenden Faltplan brauchen Sie dazu vor allem eine Klasse voller Studenten und viele bunte Sticker.
Zum Abschluss dieses Lerubri (redaktionsinterner Jargon für "Lektorenrundbrief") stellen sich Ihnen eine Kollegin vor und ein Kollege, der frisch eine Stelle in Japan angetreten hat. Außerdem zeigen wir Ihnen, wohin Sie zwischen März und Juni 2001 interessante Dienstreisen unternehmen können.
Allen von Ihnen, die im Dezember nach Deutschland (oder nach Österreich oder in die Schweiz) zurückkehren, wünschen wir ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch. Allen anderen, die hier im Lande bleiben, rufen wir zu: ein besinnliches Neujahrsfest und Prost Weihnachten!
Und was hat es jetzt mit den komischen Bildern da unten auf sich? Das ist der Juniorchef höchst persönlich, wie er in einer Krippe in Deggendorf zu finden ist. Ist das, wie Till vermutet, ein Hinweis darauf, dass er wie Isnogud mit Bart auf die Welt gekommen ist? Die Antwort lautet: Nein. Wer den Juniorchef in Unterwäsche farbig sehen will, gehe auf diese Seite: http://www.jahreskrippe.de/restaurierung.html

Die Redaktion
 

Für den Lektorenrundbrief verantwortlich sind:
Anne Gellert, Mechthild Duppel-Takayama, Ralph Degen, Stefan Hug, Frank Nitsche-Robinson und Till Weber (T.W.)

Übrigens: Der Lektorenrundbrief ist über das DAAD-Büro in Tokyo zu bekommen.

DAAD-Außenstelle Tokyo
Akasaka 7 - 5 - 56, Minato-ku, Tokyo 107-0052
Tel (03) 3582 - 5962
Fax (03) 3582 - 5554
email: [email protected]
 
 


Brief aus Japan

von Anne Gellert, Kumamoto
 

"Die einzige, die lacht"
 

Ab und zu tut es doch gut, meinem 600000-Seelen- Dorf auf Kyushu den Rücken zu kehren und Großstadtluft zu schnuppern: Tokyo! Auf ins Goethe-Institut, mal wieder hemmungslos in deutschen Bücherregalen stöbern. Stunden später, ich bin schon fast wieder zum Haus draußen, weckt ein kleines Plakat im Erdgeschoß meine Neugier: Short and Sweet. Short films from Germany. Na prima, etwas Zeit habe ich noch, und Kurzfilme sind ja vor allem eins: kurz. Wie bitte, das Programm geht eineinhalb Stunden! Na klar, es gibt ja gleich acht Stück von der Sorte, heute zum Thema "Liebe und andere Grausamkeiten". Recht bedacht, habe ich an diesem Abend sowieso nichts mehr vor: also eine Eintrittskarte für 600 Yen, bitte. Vorsorglich gehe ich noch aufs Klo und dann in den Vorführsaal. Drinnen: Stille. Alle vertieft in die Lektüre des zweisprachigen Programmheftes. Kälte. Die Klimaanlage hat noch nicht ganz begriffen, daß die Sommerhitze vorbei ist. Und noch mehr Stille, keiner spricht, fast unangenehm.

Plötzlich geht es los. Ohne Begrüßung, ohne Einführung, wie im richtigen Kino eben - aber wo sind dann bitte Chips, Popcorn und die Langnese-Reklame! Ich frage mich, wie die französische oder britische "Konkurrenz" so eine Veranstaltung einleiten würde...

Der erste Film (Epilog von Tom Twyker) ist schon recht lustig, aber erst beim zweiten (Femme von Donald Kraemer) kann ich so richtig lachen: Eine Frau wacht morgens verkatert auf. Verzweifelt sucht sie nach Erinnerungen an die letzte Nacht. Denn wer schläft da bitte ganz vergraben in die Decke neben ihr? Von Bar zu Bar, von Drink zu Drink und von Flirt zu Flirt hangelnd, dämmert ihr schließlich auch, wohin sie im Suff ihre Kontaktlinsen getan hatte: in eben jenes Wasserglas auf ihrem Nachttisch, das sie zuvor so durstig geleert hat...

Direkt vor mir sitzt noch eine Frau aus D, A oder CH mit Humor, wir lachen im Duett. Die Japaner bleiben still, da helfen auch die englischen Untertitel nichts. In den nächsten 8,34 Minuten (Life is too Short to Dance with Ugly Women von Lars Kraume) stiften zwei handfeste Frauen einen eher romantisch veranlagten Jüngling nacheinander zu Raubüberfällen an. Kann ich ja verstehen, wenn Japaner das nicht so lustig finden. Uns zwei stört das wenig. 
Aber dann: Parlez-moi d'Amour von Fillipos Tsitos. Ein Grieche und ein Russe in einer deutschen Kneipe unterhalten sich angeregt. Der Grieche spricht Griechisch, der Russe Russisch. Keiner versteht die Sprache des anderen, Zuschauer eingeschlossen. Nur hin und wieder fallen deutsche Namen oder (ausländerfeindliche) Ausdrücke. Trotzdem ahnt man, worum es geht. Wenn ich an den Unterricht mit japanischen StudentInnen denke, lacht mir das Herz bei zwei so kommunikationswütigen Menschen. Da hatte ich ein Solo - die andere geht wohl einer anderen Beschäftigung nach. Zum Glück hatte ich Taschentücher dabei, für die Tränen. 
Dann kamen noch drei Filme, an denen auch ich nichts oder nicht viel zu lachen fand: The Wheel von Heike Wasem - keine Ahnung, worum es da ging - und Der Steuermann von Stefan Schneider und 8cht von Charley Stadler. Im Saal wurde es immer eisiger. Aber das Beste sollte noch kommen: Surprise, ein sechsminütiger Streifen, handcoloriert von Veit Helmer. Ein Bastelwütiger scheint seine Liebste umbringen zu wollen. Liebevoll baut er die absonderlichsten Fallen und Sprengsätze um die Schlafende. Nach Verlassen der Wohnung zündet er das Ganze und siehe da: Die Freundin wird aus dem Bett katapultiert, geduscht, angezogen, an den Küchentisch geschoben und schließlich bekommt sie auch noch ein Frühstück serviert. Natürlich klappt nicht alles so ganz. Zwerch-fell-er-schüt- ternd! Ich kann nun vollends nicht mehr an mich halten und lache hemmungslos. Leider lässt mich meine Komplizin im Stich, dreht sich etwas verwundert nach mir um.
Das Licht geht an, man verlässt still und schweigend den Saal und draußen stieben alle auseinander, als hätte jemand in ein Häufchen Asche geblasen. 
Zur U-Bahn laufen, einsteigen in diese abendliche Dunstglocke aus Sake und Bier, eingeklemmt in eine Masse Mensch, im Rhythmus von Anfahren und Bremsen hin- und hergeschoben, an der Endstation aus dem Wagen trippeln, sich im Gedränge nach vorne mogeln, vorbei an den alkoholbedingt Langsameren, den Schaffner fragen müssen, ob das auch der richtige Zug ist, das alles kennt man ja. Endlich wieder sitzend frage ich mich, ob es mir nun nach über fünf Jahren eigentlich immer noch gefällt, hier zu sein. Wo doch die Einheimischen meinen Humor so gar nicht verstehen. Da kommt schon meine Station und mir noch der Gedanke, dass es doch faszinierend ist, wie Produkte der eigenen Kultur in 9000 Kilometer Entfernung zu solch einem Erlebnis werden können.
Auf dem Weg ins Hotel - es geht auf halb zehn - kaufe ich im 24-Stunden-Tante-Emma-Laden noch das Nötigste für die Nacht: Papier, um meine Eindrücke aufzuschreiben und etwas Wasser aus den französischen Vogesen. Ein Kickboard fährt an mir vorbei - übrigens das einzige, das ich an diesem Tag sehe und wenn ich recht bedenke, ist mir auf meinem Weg nur ein wirklich grimmig dreinschauendes Gesicht begegnet: Es gehörte einer Ausländerin.


Brief aus Südkorea

von Thomas Schwarz
 
Keimyung University, Daegu, Südkorea
"Eyes Wide Shut"
 
 
Es war ein lauer Sommerabend wie jeder andere auch, ich saß im Büro und versuchte, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, während draußen auf dem Campus mal wieder ein norebang-Wettbewerb über die Bühne ging, das ist die koreanische Version von karaoke. Der Campus wird bei dieser Gelegenheit aus meterhohen Lautsprechertürmen flächendeckend beschallt, es kommt nicht darauf an, schön und korrekt zu singen, sondern möglichst leidenschaftlich. Zum kollektiven Höhepunkt kommt es in der Regel, wenn das Verb "saranghaeyo" intoniert wird, "lieben", dann bricht das Publikum in frenetischen Beifall aus. Schließlich wurde es stiller, die Aktivitäten der Festgemeinde drangen nur noch als fernes Gemurmel an mein Ohr, bis man anfing, einen Film zu zeigen. Plötzlich hörte ich es ganz deutlich: /sssssssseks/ - Die Stimme von Nicole Kidman zischte wie ein Peitschenhieb über den Campus, ihr Echo prallte vom Humanities-Gebäude zurück und warf sich gegen die Mauer der Mensa! Für Japan mag das vielleicht nichts Ungewöhnliches sein, aber in Südkorea war es zu diesem Zeitpunkt verboten, Eyes Wide Shut zu zeigen. Ich beschloss abzuschalten, den Computer herunterzufahren, und mich ins Freiluftkino zu begeben, wer weiß, wann sich eine solche Gelegenheit je wieder bieten würde.
Ich mischte mich unters Publikum - abgesehen von den vorderen Reihen, in denen sich vermutlich die Cineasten niedergelassen hatten, schienen die meisten den Film nicht besonders ernst zu nehmen. Man unterhielt sich angeregt, stand in Gruppen herum, sah sich den Film auch mal fünf Minuten lang an, zog es dann aber vor, sich in einem der rings um das Theater aufgebauten Zelte bei Bier, soju (Reisschnaps) und Snacks zu vergnügen. Das Publikum flanierte frei über den Platz, während der berühmten Orgie verdichtete es sich etwas, danach setzte Regen ein und bewog die meisten, sich in die Zelte zurückzuziehen. Jetzt hielten nur noch die tapfersten Tom-Cruise-Fans aus dem ersten Semester aus, die sich auf diesen Fall mit Regenschirmen vorbereitet hatten und sich auch nicht durch über die Leinwand zuckende Blitze vertreiben ließen. Die letzten Worte von Nicole Kidman, die das Eingangsmotiv wieder aufnahmen, gingen in Donnergetöse und Platzregen unter.
Auch ich rettete mich unter die schützenden Planen eines Zeltes, das fachmännisch von ROTC-Studenten errichtet worden war, den lokalen Mitgliedern des Reserve Officers Training Corps der südkoreanischen Streitkräfte. Ich bestellte zwei Flaschen Hite-Bier für meinen Tisch, ließ mich zu ein paar Gläsern Soju nötigen und versuchte zu verstehen, was da eigentlich passiert war. Die meisten konnten zwar mit Tom Cruise und Nicole Kidman etwas anfangen, aber nichts mit Stanley Kubrick und Eyes Wide Shut. Sie waren nicht hier, um gegen die Zensur zu protestieren, sondern weil sie Leute treffen wollten. Die Polizei brauchte nicht zu kommen, die koreanische Natur schien sich gegen die subversiven Absichten der Studenten, die eine Kopie des Films organisiert hatten, verschworen zu haben. Im Herbst dieses Jahres lief der Film dann plötzlich auch im Kino an, die Zuschauer berichten von einigen harten Schnitten und fragen sich natürlich, was sie da nicht gesehen haben. Leider findet sich niemand mehr, der ihnen jetzt noch eine Vollversion vorführt.
 
 


 

Neu!Das Archiv

Was machen die deutschen Lektorinnen und Lektoren in Japan eigentlich, wenn sie nicht unterrichten, auf Sitzungen gehen, zu Tagungen fahren oder den Lektoren-Rundbrief lesen?

Klare Antwort: Sie forschen und veröffentlichen. Auf das Angebot der Redaktion, auf neue Aufsätze und andere Beiträge aus unserem Kreis hinzuweisen, meldeten sich neun Schreibfreudige. Den folgenden Literaturangaben, die weitgehend in der Originalzitierung der Autoren erscheinen, ist jeweils die Emailadresse der/des Autorin/Autors beigegeben, um am Thema Interessierten die Möglichkeit zu geben, einen Kontakt aufzubauen.

Persönlich erstaunlich finde ich die Vielfalt und die Bandbreite der wissenschaftlichen Interessen, die sich keineswegs in Germanistik und DaF erschöpfen.

Bitte senden Sie uns weiterhin die Angaben zu Ihren aktuellen Beiträgen, damit wir sie im Lektoren-Rundbrief einem größeren Kreis bekannt machen können.

T.W.
Anke Backhaus([email protected]):
Was ist ein Fehler überhaupt? Zur Fehleranalyse im Fremdsprachenunterricht. In: Studies in Language and Culture. Memoirs of the Faculty of Law and Literature. Shimane University, Japan 8 (1999) 147-157. 
Mnemotechniken im DaF-Unterricht an japanischen Universitäten. In: Studies in Language and Culture. Memoirs of the Faculty of Law and Literature. Shimane University, Japan 9 (2000), 35-47. 

 

K.-B. Boeckmann ([email protected]):

"Einige Aktivitäten im Bereich Zweitspracherwerbsforschung an der Universität von Hawaii" in: Gengobunkakenkyu/Studies in Language and Culture 25, (Faculty of Language and Culture, Graduate School of Language and Culture, Osaka University) 1999, S. 51-58.

mit Susanna Slivensky: "Gesellschaftlicher Wandel und Deutsch alsFremdsprache in Japan" in: Theorie und Praxis. ÖsterreichischeBeiträge zu Deutsch als Fremdsprache (Sprachenpolitik in Österreich)Bd. 3, 1999, S. 113-130.

mit Susanna Slivensky, Gabi Christ-Kagoshima, Andreas Kasjan, IppeiMorita, Rudolf Reinelt und Simone Schiedermair: "Enhancing the GermanFL2 Classroom": in Gengobunka/Studies in Language and Culture 2 (2) 1999(Doshisha Society for the Study of Language and Culture), S. 279-290.

"Schwellen, Mauern, Brücken - Interaktion im Deutsch als Fremdsprache-Unterricht" in: Schwellenüberschreitungen. Asiatische Germanistentagung Fukuoka 21.-24. August 1999, herausgegeben von der Japanischen Gesellschaft für Germanistik, Tokyo (Sanshusha) 2000, S. 847-856.

Herausgeberschaft: An japanischen Hochschulen lehren. Zur Vermittlung von Sprache und Kultur der deutschsprachigen Länder - ein Handbuch, herausgegeben von AlbrechtRösler, Susanna Slivensky und Klaus-Börge Boeckmann, München(iudicium) 2000.
 

Bernd Clausen ([email protected]):

Eine verbesserte Ausgabe der deutschen Übersetzung des Prajnaparamita hrdaya-sutra mit Textkritik und Erläuterungen (zusammen mit Prof. Omura Hideshige, in: Memoires of The Muroran Institute of Technology, No.49, November 1999, S. 151-157.

Weinen-einfallen-lange Mauer, Außereuropäische Musik im Unterricht, zwei Beispiele, Kongreßbericht des VDS 1998, Potsdam 2000.

Johann Nikolaus Forkel: Von der Musik der Chineser, in: Schwellenüberschreitungen, Kongressbericht der Asiatischen Germanistentagung, herausgegeben von der Japanischen Gesellschaft für Germanistik, Fukuoka 2000.

Der Echo Gegenlaut: Musikpädagogik und andere Musiken, Ein Essay zum Umgang mit dem Fremden in der musikpädagogischen Diskussion, in: Musik und Bildung 6/2000.

Die Lyrik des älteren Goethe und der Gandavyuha-Gedanke (zusammen mit Prof. Omura Hideshige), in: Memoirs of The Muroran Institute of Technology, November 2000.

Samskara in Goethes Faust (zusammen mit Prof. Omura Hideshige), in: Memoirs of The Muroran Institute of Technology, November 2000.
 

Alfred Gehrmann ([email protected]):

Von der didaktischen Kompetenz der Lernenden: Anfängerunterricht mit dem TALK Learning System, in: Deutschunterricht in Japan 4/1999, S. 88-100.
 

Stefan Hug ([email protected]):

"Im d/Dunkeln tappen. Zur Rechtschreibreform", in RUNEN Nr. 29 (1999 (erschienen 2000), S. 1 - 21.
 
 

Christine Kuehn ([email protected]):

"Body & Soul: Gestures as mediators in communication" In: Posner, Roland/Mueller, Cornelia (Hg.): Body, Sign, Culture. Berlin 2000.

"Fremd in der eigenen Kultur: Non-verbale und verbale Strategien in deutsch-deutscher Kommunikation" In: Germanistenverband Hokkaidos: Zusammenfassung der wissenschaftlichen Vortrage 48/49. Sapporo 2000.
 

Michael Mandelartz (E-Mail):

Vom Gestein zur Poesie. Zum Verfahren der Steigerung in Goethes Novelle. In: Herder-Studien (Tokyo), Bd. 5, 1999, S. 127-159. Online

Vom Gestein zur Poesie. Zum Verfahren der Steigerung in Goethes Novelle. (Gekürzte Vortragsfassung) In: Schwellenüberschreitungen. Dokumentation der Asiatischen Germanistentagung in Fukuoka, 21.-24. August 1999. Hrsg.v. der Japanischen Gesellschaft für Germanistik. Tokyo: Sanshusha 2000, S. 564-573.

Bauen, Erhalten, Zerstören, Versiegeln. Architektur als Kunst in Goethes Wahlverwandtschaften. In: Zeitschrift für Deutsche Philologie, Bd. 118, 1999, S. 500-517. Online

Mit Yamamoto Akihiko: Die japanische Universitätsreform der 90er Jahre und ihre Auswirkungen auf die Germanistik. In: Deutsch als Fremdsprache in Korea [Zeitschrift der Koreanischen Gesellschaft für Deutsch als Fremdsprache], H. 4, 1999, S. 226-247.Online

Leo Perutz. Erscheint demnächst in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. XVIII. Begr. und hrsg. v. Friedrich Wilhelm Bautz. 

Fortgef. v. Traugott Bautz. Hamm, Herzberg: Bautz 2000. Online

[Rezension zu:] Matias Martinez, Doppelte Welten. Struktur und Sinn zweideutigen Erzählens, Göttingen 1996. In: Arbitrium, H.1, 2000, S. 19-21.

ClaudiaMarra([email protected]):

"Nietzsches Philosophie - Coderevolte als Programm" in Gaigo-Journal 53, September 1999, Nagasaki.

"Kurt Schwitters: Schattenspiel" (deutsche Einleitung und japanische Übersetzung, Gemeinschaftsarbeit mit meinen Studenten) in Gaigo-Journal 54, Maerz 2000, Nagasaki.

"Der Einfluss von Nietzsches Zarathustra auf Karl Mays Im Reiche des silbernen Löwen" in: Volker Gerhardt, Renate Reschke (Hrg.): Nietzscheforschung Band 5/6, Jahrbuch der Nietzsche-Gesellschaft. Akademie-Verlag. Berlin 2000.

"History of Japanese Monastic Buddhism" in: Chris Hudson (Ed.): Encyclopedia of Monasticism. Fitzroy-Dearborn-Publishers. Chicago, London 2000.
 

Michael Schart ([email protected]):

Aller Anfang ist Biografie - vom Werden und Wirken der Fragestellung in der qualitativen Forschung", in: Marita Schocker-Ditfurth, Andreas Müller-Hartmann (Hrsg.): Qualitative Forschung im Bereich Fremdsprachen lehren und lernen.Tübingen 2000.
 

Till Weber ([email protected]):

Neue Sprachprüfungen für Einbürgerungsbewerber in Deutschland, in: Scripsimus. Journal of the Department of Languages and Cultures (Euro-American Studies); Faculty of Law and Letters, University of the Ryukyus Nr.9 (Oktober 2000) 1-12.
 
 
 


Buchrezension

Heillose Legende

von Stefan Hug
 
 

Wie bitte, Sie nennen sich LektorIn für Deutsch und wissen nicht, wie ein gewisser Michel, der Träger einer Schlafmütze, zum Symbol "des Deutschen" geworden ist? Setzen! (Unsere KollegInnen aus Österreich und der Schweiz seien hier ausdrücklich ausgenommen.) Nein, aufstehen, ab in die nächste Buchhandlung! Vielleicht fällt Ihnen dort Klaus Stillers Buch "Vom Volke der Deutschen" in die Hände. Dort könnten Sie nachlesen, dass der deutsche Michel in direkter Linie vom Erzengel Michael abstammt (Leider erfahren wir nicht, wie es kam, dass der Satansjäger sein Schwert gegen eine Schlafmütze austauschen musste). Und manches andere mehr.

In 48 satirischen Glossen, deren Zusammenfassung zu Kapiteln nicht immer einsichtig ist (aber auch in dieser Bemerkung zeigt sich nur wieder der vom Autor attestierte deutsche Ordnungswahn), entwirft Stiller ein Psychogramm der Deutschen. Nachdem in einem gelungenen ersten Teil der Mythos ihrer "germanischen (oder teutonischen) Abstammung" sowie die Etymologie des Wortes "deutsch" unter die Lupe genommen wurden, geht er in drei Kapiteln dazu über, in ironisch gehaltenen Begriffsanalysen die Befindlichkeit dieses Stammessammelsuriums zu beschreiben. Der Deutsche sieht demnach in der Arbeit seinen Lebenszweck. Ihr kommt er mit Pflichtgefühl, Disziplin, Dienstbeflissenheit und antrainiertem Leistungswillen nach. Er liebt Ordnung: Sie muss sogar sein, ebenso wie Strafe und Spaß, wobei letzterer nicht mit Freude zu verwechseln ist, die zu empfinden er nicht in der Lage ist: Spaß besteht eher in überbordender Gemütlichkeit und Völlerei. Er zeichnet sich durch einen Hang zu Regeln und zur Sauberkeit aus, letzterer wird allerdings zugunsten einer noch größeren Tier-, genauer gesagt Hundeliebe zuweilen unterdrückt. Überhaupt vergöttert er die Natur, besonders in ihrer spezifisch deutschen Erscheinungsform, dem deutschen Wald, weshalb er auf das Waldsterben fast panisch reagiert. Sein Untertanengeist und Herdentrieb sind hinlänglich bekannt. Die Welt zerfällt ihm in Freunde und Feinde, von denen meist aber nur letztere bleiben, weil er auch zu echter Freundschaft nicht fähig ist, Freundlichkeiten überhaupt misstraut (wie allem anderen auch). Fremdenfeindlichkeit dient ihm dazu, sich der eigenen brüchigen Identität zu vergewissern. Weitere nennenswerte Eigenschaften sind: hemmungslose Besserwisserei, maßlose Geltungssucht und ein eingefleischter Neid. Das letzte Kapitel befasst sich mit den Ess- und Trinkgewohnheiten und liefert neben dem, was Sie sicher von Ihren eigenen StudentInnen immer wieder hören ("Fett, versalzen und viel zuviel."), die definitive Erklärung dafür, weshalb mitgebrachte Blumensträuße ohne Einwickelpapier zu überreichen sind.

Stiller kommt ohne jeden Vergleich mit anderen Nationen aus. Darin liegt eine der Schwächen des Buchs, das auch als Satire zu kurz greift. "Zufall oder nicht", fragt sich der 1941 geborene Autor, Germanist und Romanist, als fiktiver Herausgeber in seinem Vorwort (in NR) und bezieht sich damit auf die Tatsache, dass ihm der folgende Text (in AR) angeblich als Typoskript in Italien übergeben worden sein soll. Ich glaube, es war alles andere als ein Zufall, dass ihm "die heillose Legende" der Deutschen in Italien zugespielt wurde, wahrscheinlich bei einem Urlaub in der Toskana, dem Mallorca der 68er. Auch dass der Text durchgehend im Präteritum gehalten ist, passt zu einem Nationalbegriff, der die deutsche Geschichte im Nationalsozialismus nicht nur kulminieren, sondern auch enden lässt und den Nachgeborenen nur noch die kritische Auseinandersetzung mit dieser historischen Katastrophe und die Flucht vor sich selbst erlaubt, sei es aals "Reiseweltmeister" oder als selbsternannte "Weltbürger". Dieser 'negative Nationalismus' ist ein deutsches Phänomen, das der Autor leider zu beschreiben vergisst.

Im Zentrum des klassischen Whodunnit-Plots steht ein junger Samurai, der in der Millionenstadt Edo das Amt eines Yoriki, eines höheren Polizeibeamten, wahrnimmt. Sano Ichiro ist daran nicht durch erwiesene Fähigkeiten, sondern durch Beziehungen gekommen; ein Schreck für seine Vorgesetzten, als er plötzlich beginnt, ernsthafte Nachforschungen über einen vermeintlichen Doppel-Liebesselbstmord (Shinju, so auch der Originaltitel des Buches) anzustellen.


 

Daneben gibt es allerdings immer wieder Stellen, in denen er den Nagel auf den Kopf trifft, in einer sehr klaren Sprache. Zum Beispiel diese: "Freiheit werteten sie gering. Mit ihr umzugehen fiel ihnen schwer. (...) Und so leicht sie die eigene Freiheit missbrauchten und mutwillig zerstörten, so wenig Rücksicht nahmen sie auf die Freiheit anderer oder gar Fremder." (S. 214) Alles in allem ein lesenswertes Buch, das zudem eine Stimme im kakophonischen Chor derer einfängt, die sich derzeit überlegen, ob die deutsche Kultur wieder zur "Leitkultur" erhoben werden sollte. Besonders wegen seiner Begriffsanalysen auszugsweise auch im Unterricht zu verwenden, allerdings nur mit weit fortgeschrittenen StudentInnen mit einem gewissen Sinn für Humor.


 

Klaus Stiller: Vom Volke der Deutschen. Eine heillose Legende.
Zürich: Pendo, 2000. 229 S. (39 DM).
 
 


Die Didaktikecke

von Anne Gellert, Kumamoto
 
  Im Sommer hatte ich zum ersten Mal Gelegenheit, einen Intensivkurs zu geben, und zwar zum Thema "Deutsche Rock- und Popmusik". Ich fragte mich,wie ich die StudentInnen dazu bringen kann, in dieser kurzen Zeit (vier Tage) Wörter zu lernen, welches Quantum realistisch ist und in welcher Form ich das Wörterlernen ins Seminar einbauen kann.

Ich erinnerte mich an eine amerikanische Kollegin, die mir einmal von einem Wochenplan erzählt hatte, den ihre StudentInnen erstellen. Jede(r) notiert die Wörter, die er / sie in der folgenden Woche lernen will, und in der nächsten Unterrichtsstunde fragen sich die StudentInnen gegenseitig ab. Für jedes Wort, das man noch weiß, gibt es einen Aufkleber. Die Amerikanerin hatte damit sehr viel Erfolg, die StudentInnen hätten nicht nur Wörter gelernt, sondern sich hinterher auch noch für die vielen schönen Aufkleber bedankt. Ich konnte mir das zu dieser Zeit nicht so recht vorstellen, fand die Idee aber gut und kaufte ihr, als sie Japan verließ und nach Amerika zurückging, die Aufkleber ab. Seither schlummerten lauter bunte Sternchen und Smilies in meiner Schublade. Es war Zeit, einen Wörterlernplan zu erstellen. Dabei wollte ich nicht nur die Aufkleber unterbringen, sondern auch lernpsychologische Erkenntnisse umsetzen. Man lernt ja am besten jeweils sieben Wörter auf einmal. Und diese sollte man dann auch gleich nach etwa einer Stunde wiederholen, um sie zu festigen. Der Plan hatte schließlich Din-A3-Format und jede(r) Teilnehmer(in) bekam einen. Im Seminar haben wir folgendermaßen damit gearbeitet:

1. Kurz vor Ende der ersten Unterrichtseinheit (1. und 2. Stunde) wählt jeder Student und jede Studentin die sieben Wörter der Stunde aus, die er bzw. sie lernen will. Diese Wörter schreibt jede(r) mit oder ohne Beispielsatz und der japanischen Entsprechung in den Wörterlernplan, linkes oberes Feld. Das Bombensymbol steht für ein "schweres" Wort - das hielt ich angesichts der vielen englischen Lehnwörter beim Thema Popmusik für angebracht.

2. Am besten wird gleich nach 60 Minuten der erste "Wörtercheck" gemacht, bei einem Intensivkurs also gleich nach der Mittagspause. Beim ersten Wörtercheck fragt eine andere Person die Wörter ab und macht in die erste Spalte hinter dem Wort einen Haken, wenn das Wort noch gewusst wird. Wenn sich die- oder derjenige nicht mehr daran erinnert, kommt nichts in diese Spalte.

3. Nach der zweiten Unterrichtseinheit am Nachmittag (3. und 4. Stunde) wird der zweite Wörtercheck gemacht. Diesmal kommt der Haken in die zweite Spalte oder - wenn man sich zum ersten Mal an das Wort erinnert - in die erste. Dann die nächsten sieben Wörter auswählen und in das nächste Feld schreiben, also links unten. 

4. Am nächsten Morgen folgt gleich zu Beginn der dritte Wörtercheck (erstes und zweites Feld). Wurde ein Wort insgesamt drei Mal gewusst und sind in den drei Spalten hinter dem Wort also drei Haken, kommen die Aufkleber ins Spiel: Sie werden in die vierte, etwas breitere Spalte geklebt. Aber nicht irgendein Aufkleber! Ich habe den StudentInnenen jeweils drei Sorten zur Auswahl angeboten - die Wörter hatte ich vorher erklärt und an die Tafel geschrieben. Morgens zum Beispiel Sternchen, Smilies und Pinguine und mittags Sternchen, Äpfel und Fische usw. Die StudentInnen sollten nicht mit dem Finger auf den gewünschten Aufkleber zeigen, sondern ihre Wünsche auch äußern, also: "Einen Stern, bitte." oder "Einen Pinguin!" 

Und so geht es weiter, jeden Tag kommen vierzehn neue Wörter dazu und es gibt jeden Tag drei Wörterchecks: morgens, mittags und nachmittags. Am letzten Tag kommen keine neuen Wörter mehr dazu, da wird nur wiederholt und kräftig Aufkleber geklebt. 

Man mag einwenden, dass dieses Verfahren viel Zeit in Anspruch nimmt, aber die StudentInnen waren mit Spaß bei der Sache und hatten auch Gelegenheit nachzufragen, wenn sie sich bei einem Wort nicht sicher waren. Da sie sich gegenseitig abfragen mussten, hatte das Ganze auch eine gruppendynamische Funktion. Und da der Plan auf rosa Papier kopiert war (wegen der schnelleren Auffindbarkeit) sah das Ganze am Ende so richtig zum Anbeißen aus.

Seither verwende ich diesen Lernplan leicht abgewandelt auch in meinen "normalen" Seminaren und stelle fest, dass die StudentInnen viel lieber Wörter lernen.
 
 


Profile - alt und neu

Elke Hayashi Nach abgeschlossenem Übersetzerstudium am Seminar für OrientalischeSprachen in Bonn, was mir zugleich einen tiefen Einblick in den FachbereichDeutsch als Fremdsprache vermittelte, drängte es mich danach, theoretischErworbenes in die Praxis umzusetzen. Und was eignet sich dazu besser, alsein Aufenthalt im Land seiner Zielsprachen? In meinem Fall bedeutete dies entweder Japan oder die Türkei. Das Fernweh war stärker, und so landete ich schließlich in Narita. Das war sozusagen der Beginn meinerLehrtätigkeit an den Unis Atomi Gakuen Joshi Daigaku und Nihon Daigaku. In unmittelbarer Lernernähe - zumindest akustischer - werde ich michlandesweit erneut ab Oktober befinden.Dann wird die NHK-Radiosendung "Mit Pipo Deutsch lernen", bei der ich dieEhre hatte, mitwirken zu dürfen, wiederholt.Mein schriftlicher Einsatz gilt auf wissenschaftlicher Ebene derInterkulturalität im weiteren und der nonverbalen Kommunikation im engeren Sinne.

Elke Hayashi


Michael Schart Eine Studienordnung ist nicht ganz unschuldig daran, dass ich seit April diesen Jahres als Lektor an der Hokkaido Universität arbeite. Als ich nämlich 1990 mit meinem Studium am Institut für Auslandsgermanistik /DaF der Universität Jena begann (Nebenfächer: Neuere Geschichte und Interkulturelle Wirtschaftskommunikation), gab es in diesem - soeben eröffneten - Studiengang noch den Programmpunkt Kontrastsprache. Um uns besser in die Situation unserer zukünftigen Klientel versetzen zu können, sollten wir den Fremdsprachenunterricht noch einmal als Anfänger erleben und uns für mindestens zwei Semester dem Erlernen einer nicht indoeuropäischen Sprache widmen. Und unter den zur Auswahl stehenden entschied ich mich einfach für die exotischste - Japanisch. Ich fand Gefallen an dieser Sprache und regelmäßige Aufenthalte in Japan, ob als Austauschstudent, als Praktikant, als Reisender oderschließlich als Schwiegersohn, sollten schon bald zu meinem Leben gehören.

Michael Schart




 

Termine, Termine!

von Mechthild Duppel-Takayama, Tokyo
31. 1. 2001 Bewerbungsschluss für DAAD-Hochschulsommerkurs- und -Sprachkursstipendien
12. - 16. 3. Interuni-Seminar in Kashi/Fukushima-ken
18. - 24. 3. 43. Kulturseminar in Tateshina zum Thema "Renaissance der Rhetorik" (Gastdozentin: Prof. Dr. Renate Lachmann, Universität Konstanz)
24. - 28. 3. 6. DaF-Seminar in Tsukuba zum Thema "Neue Perspektiven der Textarbeit im Deutschunterricht" (Gastdozentin: Prof. Dr. Swantje Ehlers, Justus-Liebig-Unviersität Gießen)
8. 6. Großes LektorInnentreffen, Tokyo Gaikoku-go Daigaku
9./10. 6. Frühjahrstagung der Japanischen Gesellschaft für Germanistik Tokyo Gaikoku-go Daigaku
30.7.- 4.8. XII. Internationale Tagung der Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer in Luzern (http://www.idt-2001.ch/)